mein kunstverständnis

art jeder maler/jede malerin schaut die wirklichkeit verschieden an. die dargestellte wirklichkeit ist immer seine / ihre. in der philosophie nennt man diese wirklichkeit das wesen der dargestellten dinge. und dieses wesen ist letztlich immer dasselbe, nämlich die art der existenz der dinge.
und das heisst für jedes ding, so zu sein wie es ist.

es geht nicht eigentlich um die unterschiede des aussehens oder der form, z.b. zwischen einer tanne und einer eiche. es geht im gegenteil um die art und weise, wie zwei oder hundert maler/innen z.b. die gleiche eiche darstellen.

worin unterscheiden sie sich? die antwort liegt, und davon bin ich überzeugt, im ausdruck ihrer lebendigkeit oder ihrer kraft, ihrer vollkommenheit, ihrer eleganz, ihrer ruhe, ihrer präsenz und ähnlichem.

der kunstcharakter eines bildes liegt meiner ansicht nach nicht in erster linie im ausgewählten und dargestellten gegenstand, sondern in der art und weise, wie seine existenz ausgedrückt wird. überdies kann der gegenstand ein äusserer sein z.b. ein grashalm oder ein innerer wie z.b. die ruhe. nur ist es vielleicht einfacher, die ruhe des grashalms zu zeigen als die ruhe an sich.

art wieweit ein bild ein kunstwerk ist, hängt damit ab von der fähigkeit des malers/der malerin, eine wirklichkeit zu betrachten, im umfassenden hinschauen, nicht nur mit den augen, sondern mit dem herzen. es liegt im sich-berühren-lassen von der wirklichkei und dadurch im vertrautwerden mit ihr.

cézanne meinte einmal, malen heisse die wirklichkeit lesen. dabei kann diese völlig unscheinbar und allen bekannt sein wie ein grashalm. auch wenn die meisten von uns ihn schon hundertmal angeschaut haben, mag es doch sein, dass nur die wenigsten ihn wirklich gesehen haben, ihn gelesen haben. solches zu tun obliegt dem/der malenden, also den grashalm so zu sehen, als ob er/sie ihn zum ersten mal sähe, vielleicht wie damals, als er/sie als kleinkind im hohen gras sass und um sich schaute.

es geht also darum, den grashalm so zu sehen, wie er in sich ist oder wie der grashalm sich selber sähe. und das malen des grashalms drückt die berührung mit ihm und das berührtwerden von ihm aus und damit etwas vom wesen des grashalms, von seinem sein. dies kann wie gesagt seine lebendigkeit oder seine vollkommenheit oder etwas anderes ihm wesentliches sein. und wenn es dem/der malenden gelingt, dies im bild sichtbar zu machen, ermöglicht es dem zuschauer den zugang  zu wirklichem sehen, zum erleben, zur begegnung und zum berührtwerden.

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